Wirkungen der Eikosanoide Es wurde bereits festgehalten, dass Thromboxane Mediatoren für die Thrombozytenaggregation sind, Leukotriene und Prostaglandine für Entzündungen. Vereinfacht kann gesagt werden, dass die von ARA abgeleiteten Eikosanoide Thrombozytenaggregationsfördernd und entzündungsfördernd wirken, die Eikosanoide aus der EPA die Antagonisten sind.
Ein EPA-Mangel äußert sich daher oftmals in überhöhten bzw. schlecht abklingenden entzündlichen Reaktionen, was zu klinischen Krankheitsbildern führen kann. Auch bei allergischen Krankheitsbildern, insbesondere bei Typ-1-Allergien.
Therapie entzündlicher Erkrankungen Die klassische Therapie entzündlicher Erkrankungen mit Steroid-Derivaten (Cortison-Präparaten u.a.) sowie nichtsteroidalen Antiphlogistika (Indometacin etc.) durch Cyclooxygenase-Hemmung unterdrückt die Biosynthese der Prostaglandine.
Neuere Therapieansätze verfolgen eine Hemmung der Leukotrien-Biosynthese mit 5-Lipoxygenase-Hemmern und Leukotrien-Antagonisten oder Tumornekrosefaktor-Hemmern. Man verspricht sich hiermit Erfolge bei der kausalen Therapie chronischen Erkrankungen wie Asthma, Rheuma, Psoriasis u. chronischer Polyarthritis.
Diese Therapien weisen zumeist beträchtliche Nebenwirkungen auf. Eikosanoide sind eine potente Stoffklasse. Ihr Zusammenspiel ist komplex und Eingriffe führen zu kaum vorhersehbaren Effekten. Das Ziel einer gesunden Ernährung, als auch einer Therapie, sollte daher zunächst eine Wiederherstellung des Eikosanoidgleichgewichtes sein.
Ein häufig propagierter Weg ist die Supplementation mit EPA/DHA-Mischungen aus marinen Ressourcen (Fisch- oder Algenöle). Bei der Gabe von EPA/DHA kann es leicht zu einem, nunmehr gegenteiligen, Ungleichgewicht kommen. Es wurde erläutert, dass ein Eingriff in den Metabolismus der n-3-FS gleichbedeutend mit einem Eingriff in den n-6-FS-Haushalt ist. Ist ein gewisser EPA-Level erreicht, wird die Produktion langkettiger FS durch Limitierung der delta-6-Desaturase gedrosselt. Damit wird auch die Produktion von ARA eingestellt. Gefahren aus der übermäßige Zufuhr von EPA/DHA sind in der Literatur beschrieben. Zudem zeigen die meisten Studien einen geringen Effekt durch Fischöle. Effektiver und nebenwirkungsfrei ist die Supplementation mit ALA.
Entzündungen und Krebs Schätzungen zufolge entstehen etwa 20% der Krebserkrankungen aufgrund chronischer Entzündungen. Durch die Entzündung wird eine Kaskade von Reaktionen in Gang gesetzt. So werden Peptide aus Nervenzellen, Zytokine oder Rezeptormoleküle aktiviert, welche die mikrobiellen Erreger erkennen und bewirken, daß das Immunsystem Mastzellen und Leukozyten an den Entzündungsherd dirigiert. Hierdurch kommt es dann zu einer verstärkten Aufnahme von Sauerstoff, die letztlich dazu führt, dass verstärkt Radikale aus den Leukozyten freigesetzt und Makrophagen aktiviert werden: es entstehen radikale, welche die DNA schädigen können. Ferner werden Signalübertragungswege aktiviert welche das Wachstum und die Ausbreitung des Tumors beeinflussen.
Bei einer Entzündung ist die Region zunächst stark durchblutet und viele weiße Blutzellen wandern in das Gewebe. Die weißen Blutkörperchen sorgen gemeinsam mit anderen Zellen dafür, dass NF-kappaB aktiviert wird. Dieses Eiweiß wirkt als genetischer Schalter und schützt die Zellen vor einem Angriff des Immunsystems. NF-kappaB verhindert jedoch auch die Vernichtung von Tumorvorstufen. Die Hemmung von NF-kappaB kann zwar nicht die Fehlbildung von Zellen verhindern, aber möglicherweise den Schritt von Krebsvorläufern zum bösartigen Tumor aufhalten.
NF-kappaB ist an der Angiogenese beteiligt. NF-kappaB-Inhibition könnte eine zusätzliche Behandlungsoption bei malignen Tumoren sein, wenn die NF-kappaB-Ausschüttung gesteigert ist.
ALA wirkt anti-inflammatorisch und hemmt insbesondere die Expression von NF-kappaB.
Kardioprotektive Effekte Eine Reihe kardiovaskulärer Risikofaktoren werden durch n-3-Fettsäuren positiv beeinflusst.
Dazu gehört auch der anti-entzündliche Effekt. Der Status bei Hyperlipidämie wird verbessert. Die Wirksamkeit von alpha-Linolensäure entspricht dabei der von Statinen. Interesse gilt auch dem antiarrythmischen Effekt: n-3-Fettsäuren können vor fatalem Kammerflimmern bewahren.
ALA reduziert die Bildung artheriosklerotischer Plaque im Experiment um 50 Prozent bei gleichzeitiger Reduktion des Gehalts an pro-inflammatorischen Markern. Tatsächlich ist die überwiegende Ursache eines Herz- oder Hirninfarkts das Platzen einer arteriosklerotischen Plaque und dadurch Unterbrechung der Blutzufuhr des Herzmuskels bzw. des Gehirns.
Arteriosklerose kann auch Mangeldurchblutung, Schlaganfall, Nierenversagen, Angina Pectoris, Thrombosen und plötzlichen Tod z.B. durch Kammerflimmern oder durch Aortenriss verursachen.
alpha-Linolensäure-Lipide Zumeist wird die Diskussion über Omega-3-Fettsäuren auf die Bedeutung der langkettigen n-3-Fettsäuren beschränkt. Aussagen wie „ALA ist ineffizient“ dominieren hierbei fälschlicherweise. Es wurde bereits erläutert, dass die Konversion der ALA adäquat ist und ein wesentlicher Faktor zur Stabilisierung eines vernünftigen Verhältnisses von langkettigen n-3- und n-6-Fettsäuren ist.
Über diese Diskussion, welche teilweise sogar emotional geführt wird, wird vielfach etwas sehr Wesentliches vergessen: über die Hälfte der durchschnittlich aufgenommenen ALA wird in „stabile“ Lipide überführt, welchen eine ganze Reihe von Funktionen zukommt. Funktionen, die nicht von Fischölen übernommen werden können!
Im Gegensatz zu Fischölen ist eine Überdosierung mit ALA nicht möglich: der Körper vermag ALA selektiv zu verbrennen und kann so die „funktionelle“ ALA-Verwertung in jeder Richtung präzise regulieren: zu DHA durch Regulation der beta- Oxidation von (C24:6n-3), zu EPA durch Regulation der delta-6-Desaturase und zu Phospholipiden, Cholesterylestern, Triacylglycerolen etc. durch beta-Oxidation der ALA.
alpha-Linolensäure und metabolisches Syndrom Über positive Effekte bezüglich HDL-Cholesterin und Serumtriglyzeriden wird berichtet. Wie durch EPA, möglicherweise durch die Bildung von EPA, wird die Insulinsensitivität verbessert. Die Glukosetoleranzwerte werden nur durch ALA, nicht aber durch EPA/DHA verbessert.
alpha-Linolensäure und Blutdruck ALA hat einen anti-hypertonischen Effekt. Der systolische Druck fällt bereits wenige Stunden nach der Gabe von ALA signifikant, zurückzuführen auf einen Anstieg vasodilatorischer Metaboliten wie Proostaglandin I(2), Stickoxiden und Bradykinin.
alpha-Linolensäure und das Immunsystem n-3-Fettsäuren sind Immunmodulatoren. Hoch dosierte EPA-Aufnahmen beeinträchtigen die Immunfunktion (wieder ein Hinweis darauf, wie problematisch die EPA-Supplementation ist). In Studien führte die Einnahme von Fischölen zu einer Verminderung der T-Lymphozytenproliferation um bis zu 65%. ALA wirkt sich positiv auf das Immunsystem aus.
alpha-Linolensäure und das Zentrale Nervensystem Zunächst wurde die Rolle von DHA für die Entwicklung des Gehirns aufgezeigt. Später wurde herausgefunden, wie ALA- Mangel die Entwicklung des Gehirns verändert, die Zusammensetzung der Zellmembranen des Gehirns, der Neuronen, Oligodendrozyten und Astrozyten stört, genauso wie subzellularer Strukturen des Myellins, der Mitochondrien und der Nervenenden.
Damit wird ALA besonders für Schwangere und Stillende zu einem wichtigen Faktor. Neben den Entwicklungsstörungen gibt es Hinweise, dass ALA-Mangel zu Frühgeburten, in schweren Fällen zu Schwangerschaftsverlusten führen kann.
Ebenfalls mit ALA-Mangel verbunden sind neuropsychiatrische Störungen wie Depression, Selbstmordanfälligkeit und Demenz, auch der Alzheimer Krankheit und Autismus.
Besondere Bedeutung scheint ALA bei der Entwicklung und der Behandlung des Aufmerksamkeitsstörungssyndroms mit Hyperaktivität ADHS zu besitzen: Supplementation mit ALA führte zu deutlicher Reduktion der Hyperaktivitätswerte. DHA konnte die Symptome nicht verringern.
alpha-Linolensäure in Schwangerschaft und Stillzeit Vielfältige Tierexperimente und Studien (Humanexperimente verbieten sich aus ethischen Gründen, zeigen erhebliche Entwicklungsdefizite bei den Nachkommen von Muttertieren, welche überwiegend ihren Fettbedarf mit gängigen stark Linolsäurehaltigen, kaum alpha-Linolensäurehaltigen Ölen gefüttert werden: Sonnenblumen-, Soja- oder Distelöl. ALA- Mangel in der Entwicklung führt zu visuellen, kognitiven und Verhaltensdefiziten im Vergleich zu natürlich ernährten Individuen.
Nachteilige Wirkungen von alpha-Linolensäure In der Vielzahl von Publikationen gibt es kaum Berichte von nachteiligen Wirkungen, außer vielleicht von geringen Magen- Darmbeschwerden.
Lediglich eine Meta-Analyse fand eine mögliche Erhöhung des Risikos für Prostatakarzinome. Die Daten waren jedoch heterogen und selbst die Autoren äußerten Zweifel daran, dass es sich um einen direkten Effekt der ALA handelt.
Die Diskussion gilt als beendet, da mittlerweile angenommen wird, dass für den möglichen Effekt nicht ALA sondern Oxidationsprodukte derselben dafür verantwortlich sind.
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